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Kirche und Social Media: Die Perspektive der VerliererInnen einbringen

Rückblickend auf die Medientage in Wien schreibt

Social Media bringt Anliegen von Minderheiten sowie die Probleme und Missstände der Gesellschaft nicht nach oben, sondern verdeckt sie. Wenn Probleme keine "Retweet"-Eigenschaften haben, dann fallen sie auch niemanden auf.

Retweets sind Weiterleitungen von Meldungen auf Twitter - und auch ich beobachte da, dass manches einfach nicht vorkommt oder es schon notwendig ist, bewusst nach einem Thema zu suchen, damit es in der eigenen Timeline dann vorkommt. Wenn das stimmt, wenn ist für mich für die Kirche eigentlich eines klar: Nehmen wir die vorrangige "Option für die Armen" als Grundprinzip der katholischen Soziallehre ernst, dann könnte genau das die Aufgabe der Kirche in Social Media sein. Denn wenn es um Social Media geht, gibt es oft das Missverständnis, diese nur als erweiterte Öffentlichkeitsarbeit zu sehen. Das ist es auch, aber es ist viel zuwenig. Social Media öffnet nicht nur die Fenster, sondern auch die Türen und die vorrangige Frage darf nicht sein "Was kann das Internet für die Kirche tun?", sondern umgekehrt: "Was kann die Kirche für das Internet tun?". Eine prophetische, opfersensible Kirche hat aus dieser Perspektive in Social Media genau das zum Thema zu machen: Die Perspektive jener, die nicht die SiegerInnen sind und die keine Stimme in der Öffentlichkeit haben. "Option für die Armen" heisst ja nicht nur konkrete Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen, sondern deren Perspektive als kritisches Korrektiv in die Gesellschaft, in die Öffentlichkeit einzubringen - so wie Monika Jerolitisch es fordert: "Armut wäre meines Erachtens ein Stichwort, das die Theologen bei ihren Diskurs mit der Kommunikationsavantgarde einbringen könnten" (1) 

Um der Menschen willen Banner

So breit die sozialen und sozialpolitischen Aktivitäten der Kirche auch sind (das zeigt zum Beispiel auch der aktuelle Kommunikationsschwerpunkt der Diözese Linz "Um der Menschen willen"), so klein sind noch die Pflänzchen, die diese Perspektive in Social Media sichtbar machen. Die meisten, die sich mit diesem Themen beschäftigen, sind da noch EinsteigerInnen, Lernende. Ich bin mir sicher, dass dieser Lernprozess dann am bereicherndsten und fruchtbringendsten sein wird, wenn es dabei eine inhaltliche Leitperspektive gibt: Diese muß nicht einmal neu erarbeitet werden, sondern da können wir auf einen reichen Erfahrungsschatz der Kirche als Parteinehmerin für die Ausgrenzten zurückgreifen und diese Aktivitäten in Social Media transformieren. Das wird - auch wenn dabei keine überzogenene Erwartungen an Demokratie und Partizipation angesagt sind - uns alle verändern.

Diese Transformation sozialer Aktivitäten der Kirche durch Social Media möchte ich zweifach denken: 

  • Die Perspektive von Armen und Ausgegrenzten bewusst in Social Media einbringen z.B. durch das Ansprechen der Lebenssituation dieser Menschen. Dass dabei nicht nur die Sicht der HelferInnen, sondern vor allem auch die Sicht der Betroffenen zu Wort kommen muß, ist durch den Wandel der sozialen Arbeit hin zu Partizipation und Ressourcenorientierung sowieso keine Frage. In diesem Prozess werden sich soziale Dienstleitungsorganisationen radikal verändern.
  • Durch den Digital Divide wird es - selbst wenn gesellschaftlich bewusst damit umgegangen wird - neue VerliererInnen geben, jene, die in dieser rasanten Entwicklung nicht mitkommen oder - gerade in weltweiter Perspektive - jene, die keinen Zugang zu neuen Technologien haben. Auch hier kann Kirche, gerade, weil sie über ein dezentrales Netz von Engagierten verfügt, Vorreiterin sein, dem Digital Divide entgegenzuwirken und z.B. neue Kooperationen der Generationen anregen und begleiten. Das setzt Kompetenzaufbau zu diesem Thema voraus, was dann auch dazu führen könnte, dass sich Kirche sachgerecht in Debatten z.b. um Netzneutralität beteiligt.

Im deutschsprachigen Raum gibt es schon eine Menge an Projektbeispielen, die diesen prophetischen und opfersensiblen Zugang zu Social Media in den Mittelpunkt rücken. Einige möchte ich zur Veranschaulichung herausgreifen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität: 

  • Die aktuelle Jugendsozialaktion 72 Stunden ohne Kompromiss, organisiert von Katholischer Jugend und young.caritas wird nicht nur auf Facebook und Twitter beworben, was ja in der KJ schon fast Standard ist, sondern es gibt eine Facebook-Applikation mit einem personalisierten Video, wo Jugendliche ganz persönlich mit dem eigenen eigenbundenen Foto zur Beteiligung aufgefordert werden.
  • Alte Menschen als Experten fürs Leben rückt der gleichnamige Caritas-Blog in den Mittelpunkt.
  • Der Blog Christopolis - Das Sozialwort Magazin der Katholischen Aktion Wien in Kooperation mit der Katholischen Sozialakademie - stellt Sozialpolitisches zur Diskussion.
  • Sozialpolitisch aktiv sind wir auch hier von ThemaTisch, indem wir mit der sehr lebendigen Facebook-Page zum arbeitsfreien Sonntag dieses Thema für viele spürbar machen.

Sicher bin ich mir, dass da in nächster Zeit einiges passieren wird. So ist - Empfehlung! - beispielsweise die deutsche Caritas gerade ganz heftig am Diskutieren. Projektideen gibt es viele. Einen Blick lohnen beispielsweise die in der Kategorie "Gute Sache" nominierten Projekte beim deutschen Social Media Preis.

Kennst du auch interessante Beispiele?
Wo bringst du ganz persönlich die"Option für die Armen" bei Deinen Social Media Aktivitäten ein?

(1)

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d

Barcamp Kirche und Social Media: Wer nicht dabei war, hat de

[...] (Zusammenfassung). Ich selbst brachte ein Thema ein, über das ich vor kurzem auch schon mal gebloggt habe: Was kann die Kirche für das Internet tun? Die Option für die Armen [...]

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