Seit wenigen Tagen ist es online, Google+, das soziale Netzwerk des Suchmaschinen-Imperiums, erstmal nur in einer Betaversion. Um reinzukommen, braucht es derzeit noch eine Einladung eines/einer NutzerIn. Bei vielen Early Adopters überschlagen sich die euphorischen Stimmen. Facebook wird als das neue MySpace bezeichnet und das ist ja bekanntlich schon einige Zeit out. Ich wurde gefragt, wie die Lage einzuschätzen ist. Die Antwort ist schwierig - ich möchte sie im Hinblick auf die Nutzung im kirchlichen Bereich trotzdem versuchen und eine Strategie vorschlagen.
Dort hin gehen, wo die Menschen sind!
Das ist wohl die entscheidende Grundhaltung für ChristInnen im Social Web. Wir sind ja keine Insel, sondern mittendrin in der Welt. Die meisten Menschen sind, wenn sie in sozialen Netzwerken unterwegs sind, noch immer bei Facebook. 2,5 Millionen sind es alleine in Österreich, fast ein Drittel der Bevölkerung. Wer breit werden will, im Alltag, bei Klatsch und Tratsch dabei sein, ist nach wie vor mit Facebook gut beraten, denn Facebook wird zumindest noch eine gute Weile das wichtigste soziale Netzwerk im deutschsprachigen Raum bleiben. Ob es das mittelfristig bleibt? Da lässt sich gut drüber diskutieren, aber es wirklich definitiv zu sagen, wäre wohl zum jetztigen Zeitpunkt Kaffeesudleserei.
Dort hin gehen, wo die Early Adopters sind!
Darüberhinaus finden sich auf Google+ derzeit diejenigen, die immer das neueste Ding im Internet haben wollen und alles ausprobieren. In Österreich versammelt sich diese Gruppe auch stark auf Twitter. JournalistInnen, Medienleute, MultiplikatorInnen twittern. Mit gut 45.000 Accounts aus Österreich ist Twitter kein Social Media Kanal, der in Österreich breitenwirksam ist. Wer aber mit dieser spezifischen Gruppe an MultiplikatorInnen, die sicherlich vor allem postmodernen Mileus angehören, in Kommunikation kommen möchte, ist gut beraten zu twittern - und auch gut beraten, sich Google+ anzuschauen, sich dort zu vernetzen und mitzureden. Aktuell wird sowieso vor allem über Google+ auf Google+ diskutiert. Ob Early Adopters, postmoderne Mileus zu den Dialoggruppen einer kirchlichen Organisation zählen (sollten), ist generell nicht zu beantworten. Das hängt stark von der gewählten Social Media Strategie ab und wird sich z.B. für eine Pfarre anders stellen als für eine Diözese. Nur unterschätzen sollte man/frau die Bedeutung dieser einflussreichen Gruppe nicht. Die 90-1-9-Regel gilt! Mittelfristig kann sich das aber ändern - wird Google+ wirklich "the next big thing", dann gilt wohl für ChristInnen da auch: "Dort hin gehen, wo die Menschen sind!".
Dort hin gehen, wo die eigentliche Alternative liegt!
Auch wenn aktuell vor allem die Debatte Facebook versus Google+ geführt wird: Die eigentliche Alternative heisst Diaspora. Nicht zu Unrecht werden Facebook und Google für ihren oft intrasparenten Umgang mit Daten kritisiert und wollen als kommerzielle Unternehmen unsere Daten, um sie zu vermarkten. Wer von beiden schlimmer ist, ist ein bisschen wie die Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei war. Daran ändert auch nichts, dass das, was die Listen-Funktion auf Facebook ist, mit den Circles auf Google+ besser und intuitiver gelöst ist. Diaspora ist ein nicht-kommerzielles soziales Netzwerk mit einem anderen Konzept: Durch freie, quelloffene Software ist Transparenz gewährleistet, Daten werden nicht zentral, sondern dezentral gespeichert (jede/r kann - technische Kenntnisse vorausgesetzt - selbst eine Diaspora-Installation vornehmen) und UserInnen haben damit mehr Möglichkeiten, ihre Online-Präsenz selbstbestimmt zu gestalten. Diaspora ist wie Google+ noch nicht fertig und hat - im Unterschied zu den großen kommerziellen Internetunternehmen - natürlich niemals das Potential soviel Aufmerksamkeit zu erzielen, wie es sich eigentlich für sein Konzept verdient hätte. Heute finden sich auf Diaspora wohl vor allem jene Early Adopter, die in einer Welt, wo die vorherrschende Religion "Neoliberalismus" heisst, nach Alternativen suchen. Da ist es wohl naheliegend zu sagen, dass ChristInnen da einfach hingehören und mitreden sollten. Ob sich das "lohnt" in einer mittelfristigen Perspektive, lässt sich vermutlich nicht sagen. Aber diese Frage haben sich die ersten ChristInnen wohl so auch nicht gestellt ;-)
Diese kleine Animation bringt es auf den Punkt: Um einen menschenfreundlichen Umgang miteinander geht es bei der Auseinandersetzung Google+ und Facebook nicht.
Ja, es ist viel!
Ja, eigentlich empfehle ich hier, alle drei sozialen Netzwerke zu nutzen - zumindest jenen, die dabei sein wollen bei neuen Entwicklungen und verstärkt mit postmodernen Milieus ins Gespräch kommen wollen. Ich hoffe, es wird bald adäquate Tools geben, um das etwas geschickter im Alltag zu handhaben, von Diaspora aus kann man/frau ja schon auch auf Facebook und Twitter posten. Da aber soziale Netzwerke sowieso keine One-Way-Kanäle sind, sind solche Tools aber sowieso immer nur eine Unterstützung, aber kein Ersatz für das persönliche Kommunizieren. Insofern: Vernachlässigt Eure Facebook-Friends nicht! Es bleibt spannend!
Interessante Beiträge zum Thema
- Google Plus - nichts oder etwas Besonderes? von Stefan Münz
- 10 Gründe, warum Google+ gegen Facebook gewinnt auf t3n
- diapora* von Stefan Lesting im Blog frischfischen.de
Bildquelle Animation: http://kellerabteil.soup.io/post/142533924/Bild
Dorothee
andrea
Birgit
Sende-Zeit » Google+: Alles neu?
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